Herr P. aus Nordrhein-Westfalen wandte sich Ende 2014 an das Bundesweite Pflegenetzwerk (BWPN). Die benötigte Pflegestufe I war abgelehnt worden, und nach Prüfung des Pflegegutachtens stellte die zuständige Pflegesachverständige des BWPN fest, dass dies zu Unrecht geschehen und der Bescheid nicht richtlinienkonform erstellt worden war. Eigentlich hätte die Gutachterin des MDK 53 Pflegeminuten in der Grundpflege anerkennen müssen, somit genug für die Pflegestufe I.
Herr P. beauftragte das Bundesweite Pflegenetzwerk mit der Unterstützung zur Erstellung einer fachlichen Widerspruchsbegründung, basierend auf den Richtlinien zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit (BRi).
Die fertige Widerspruchsbegründung wurde bei der Pflegekasse eingereicht, und wenige Wochen später kam es im Februar 2014 zur erneuten Begutachtung durch den MDK.
Leider muss hier festgehalten werden, dass Herr P. sich trotz gründlicher Vorbereitung während der Begutachtung nicht zielführend verhielt bzw. seinen tatsächlichen und in der Widerspruchsbegründung aufgezeigten Hilfebedarf mündlich nicht vollumfänglich angab. Dies teilte er dem BWPN im Nachhinein mit.
Grund dafür war, dass er (als älterer Herr) sich geschämt hatte, der noch recht jungen Gutachterin von intimen Details im Bezug auf Hilfe bei seinen Toilettengängen zu erzählen. Das ist zwar sehr nachvollziehbar und verständlich, aber leider wäre es sehr wichtig gewesen. Denn ohne die besagten Probleme wurde die Pflegezeit zu knapp, um einen Hilfebedarf gemäß Pflegestufe I zu rechtfertigen.
In Herrn P.’s Fall wurden die Unterlagen innerhalb der Pflegekasse nach der erfolgten erneuten Ablehnung intern an den Widerspruchsauschuss weitergeleitet, ohne dass Herrn P. bzw. dem BWPN die Möglichkeit gegeben wurde, zum Widerspruchsgutachten schriftlich Stellung zu nehmen und ggf. die Problematik erneut aufzuzeigen. Im laufenden Widerspruchsverfahren wäre das allerdings korrekt gewesen.
Im Mai 2015 erhielt er schließlich einen rechtsmittelfähigen, ablehnenden Bescheid, gegen den man mittels eines Klageverfahrens hätte vorgehen können.
Herr P. entschied sich nach ausführlicher Beratung und Ermutigung durch das Bundesweite Pflegenetzwerk zunächst für diesen Weg, zog die Klage aber wenige Wochen später, ohne Einreichung einer ausführlichen Klagebegründung, zurück. Er konnte sich nicht vorstellen, in diesem Zusammenhang erneut auf seine intimen Probleme bei der Körperpflege angesprochen zu werden und ggf. einem weiteren Gutachter (w/m) seinen tatsächlichen Hilfebedarf offenzulegen.
Schade! Die Scham ist verständlich, aber in diesem Fall hat dadurch die Pflegekasse gewonnen.
244 Euro Pflegegeld im Monat oder bis zu 468 Euro Pflegesachleistungen sind aber unglaublich wichtig, um eine dringend notwendige Pflege im häuslichen Umfeld zu ermöglichen.
Bleibt Herrn P. nichts anderes, als abzuwarten, ob sein Hilfebedarf auch in anderen Bereichen zunimmt.
Manchmal liegt es bei der eigenen Person, wieviel erreicht werden kann. Pflegefachlich wäre die Erreichung der Pflegestufe I obligatorisch für die unabhängigen Pflegeexperten des BWPN gewesen.
Tragisch ist in diesem Zusammenhang, dass unser bestehendes Pflegesystem absichtlich nicht ausreichend auf diese Problematiken eingeht. Im Gegenteil werden sie dazu eingesetzt, um erneut Leistungen einzusparen.
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